Information zur Rhesusprophylaxe

Das Rhesussystem

Neben den Blutgruppen A, B, und 0 existieren weitere Blutgruppenmerkmale, wie beispielsweise das Rhesussystem. Jedes Merkmalwird sowohl von der Mutter als auch vom Vater vererbt. Dabei unterscheiden sich rhesuspositive Menschen, deren Erythrozyten (rote Blutkörperchen) das Rhesusmerkmal D tragen (Rh-positiv) von Menschen deren Erythrozyten das D-Merkmal fehlt (Rh-negativ). Da 98 % aller Unverträglichkeiten im Rhesus-Blutgruppensystem durch das Antigen D hervorgerufen werden, ist dieses für die Klassifizierung entscheidend. [1] 

 

Der Antikörpersuchtest

Laut Mutterschaftsrichtlinien sollten bei jeder Schwangeren zu einem möglichst frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft (Anm.: 1. Mutter-Kind-Pass-Untersuchung) folgende Blutuntersuchungen durchgeführt werden:

·         die Bestimmung der Blutgruppe und des Rhesusfaktors

·         ein Antikörpersuchtest [...] [2]

Ist die Blutgruppe der Mutter Rhesus-positiv und der Antikörpersuchtest negativ sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. [3] BeiRh-negativen Schwangeren sollte der 2. Antikörpersuchtest bereits in der 20. – 24. Schwangerschaftswoche und ein 3. Antikörpersuchtest in der 30. – 34. Schwangerschaftswoche erfolgen. [4]

 

Rhesusunverträglichkeit

Von Rh-Unverträglichkeit spricht man bei folgender Konstellation:

·         Mutter Rh-negativ (dd)

·         Vater Rh-positiv (DD oder Dd)

·         Kind Rh-positiv (Dd)

 

Wichtig ist die Differenzierung in:

·         Konstellation:Die Eltern unterscheiden sich bezüglich einer relevanten Blutgruppe; das Kind hat möglicherweise die väterliche Blutgruppe geerbt, die Schwangere hat jedoch noch keine Antikörper gebildet.

·         Inkompatibilität:Die Eltern unterscheiden sich bezüglich einer relevanten Blutgruppe; das Kind hat die väterlicheBlutgruppe geerbt, und die Schwangere hat bereits Antikörper gebildet [...].[5]

Die mütterliche Antikörperbildung wird zudem durch folgende Faktoren beeinflusst:

·         frühere Bluttransfusionen mit unverträglichem Blut

·         frühere Schwangerschaften ( auch Fehlgeburten, Eileiterschwangerschaft) mitblutgruppenunverträglicher Frucht und nicht durchgeführter Rhesusprophylaxe

·         versäumte Anti-D-Prophylaxe nach Kordozentese, Aminozentese, Abdominaltrauma

·         weitere (seltene) Antikörper

 


Wenn rhesuspositives kindliches Blut in den Kreislauf einer rhesusnegativen Mutter übertritt, wird die Antikörperbildung(Sensibilisierung) ausgelöst. Das Kind erbt vom Vater Erythrozytenantigene, die das Immunsystem der Mutter bei Kontakt als fremderkennt und mit Antikörperbildung beantwortet. [1] Eine typische Rhesuskonstellation (Rh-neg. Schwangere und Rh-pos. Kind) liegtbei rund zwölf Prozent der Schwangerschaften vor. Mit einer Sensibilisierung, also Antikörperbildung, ist in acht Prozent derSchwangerschaften zu rechnen. [6]

 


Konsequenzen der Rhesus-Sensibilisierung für das Kind

Hat die Antikörperbildung der Mutter eingesetzt, versucht das ungeborene Kind durch eine vermehrte Blutbildung die Zerstörung derErythrozyten zu kompensieren. Wenn das nicht gelingt, kann es zu einer Anämie (Blutarmut), Gelbsucht des Neugeborenen, neurologischen Schäden oder sogar zu einem Hydrops fetalis (vermehrte Wasseransammlung in sämtlichen Körperregionen) beimKind kommen, was unbehandelt sogar mit dem Tod des Kindes enden kann.

 

Rhesusprophylaxe

Um die Rhesus-Sensibilisierung zu verhindern, wird die Rhesus-Prophylaxe durchgeführt. Dazu wird der Mutter Anti-D-Immunglobulin gespritzt. Anti-D-Immunglobulin ist ein Medikament, das kindliche rote Blutkörperchen mit dem Merkmal Rhesus-positiv bei einem Übertritt auf die Mutter aus ihren Kreislauf entfernt, bevor sie das Immunsystem der Mutter aktivieren können. Aufdiese Weise kommt es nicht zu einer Sensibilisierung der Mutter. Die Prophylaxe ist auch im Falle einer Fruchtwasserpunktionnotwendig und sollte auch immer durchgeführt werden, wenn Rh-negative Frauen eine Fehlgeburt erleiden. Die Rhesus-Prophylaxefunktioniert in zwei Stufen:

 

1.       Zur Vorsorge wird Rhesus-negativen Schwangeren in der 28.-30. Schwangerschaftswoche eine Dosis Anti-D-Immunglobulin verabreicht. So wird eine Sensibilisierung während der Schwangerschaft verhindert. Diese Maßnahme wirdvon der Österreichischen Gesellschaft für Prä- und Perinatalmedizin sowie vom Obersten Sanitätsrat ausdrücklichempfohlen, ist jedoch derzeit noch nicht im Mutter-Kind-Pass verankert. Die Behandlung muss chefärztlich bewilligt werden, die Kostenübernahme von Seiten der Sozialversicherungsträger erfolgt aber in jedem Fall. 

 

2.       Nach der Geburt eines Rhesus-positiven Kindes erhält die Mutter erneut eine Dosis Anti-D-Immunglobulin. Dadurchwird die Sensibilisierung durch Rh-positives Blut, das während der Geburt in den Kreislauf der Mutter gelangt ist, verhindert. Das Immunglobulin soll 2-72 Stunden nach der Geburt gespritzt werden.

 

[1] Das Hebammenbuch: Lehrbuch der praktischen Geburtshilfe, Christine Mändle, Sonja Opitz-Kreuter,
[2] Schwangerenvorsorge, Sabine de Wall,Michael Glaubitz, 2. Auflage
[3] Rhesus-D-Prophylaxe, Univ.-Prof. Dr. Josef Deutinger, Abt. für Geburtshilfe und feto-maternale Medizin, Univ.-Klinik für Frauenheilkunde Wien, 27.4. 2011
[4] Gynäkologie und Geburtshilfe, Klaus Diedrich, 2. Auflage
[5] Die Geburtshilfe, H. Schneider, W. Peter Husslein, K. T. M. Schneider, 3. Auflage

[6] Österreichische Gesellschaft für Prä- und Perinatale Medizin, http://www.perinatal.at/sites/schwangerschaft_blutgruppenunvertraeglichkeit.html, 3. 1. 2013


NICHT-INVASIVE PRÄNATALE BESTIMMUNG DES KINDLICHEN RHESUSFAKTORS

Kurzbeschreibung
Die nicht-invasive pränatale Diagnostik (NIPD) des kindlichen Rhesusfaktors (RhD) aus dem Blut Rhesus-negativer Schwangerer ist die wichtigste Entwicklung in der Immunhämatologie der letzten Jahre. Mit ihr kann ab der 12. Schwangerschaftswoche aus mütterlichem Blut der fetale Rhesusfaktor mit hoher diagnostischer Sicherheit bestimmt werden.

 

Nutzen für Schwangere

 

1. Rhesusprophylaxe

 

Bei Rhesus-negativen Schwangeren zur Indikationsstellung der Rhesusprophylaxe:Bei etwa 40% dieser Schwangerschaften ist auch der Fetus Rhesus-negativ. In diesen Fällen ist die Rhesusprophylaxe nicht notwendig. Die Rhesusprophylaxe, ein humanes Plasmapräparat, kann dann gezielt für jene Schwangeren verwendet werden, die davon profitieren.

 


2. MHN-Risikopatientinnen


Jene Rhesus-negativen Schwangeren, bei denen es durch einen vorangegangenen Kontakt mit rhesuspositivem Blut bereits zur Alloimmunisierung gegen RhD gekommen ist (Antikörperträgerinnen): zur Beurteilung des MHN-Risikos für den Feten. Bei den rund 40% rhesus-negativen Feten besteht kein MHN-Risiko und keine Indikation für eine engmaschige Beobachtung.

 

Methode

 

Mit den heutigen molekularbiologischen Methoden kann man im Blut Schwangerer geringste Mengen zellfreier fetaler DNA (aus der Plazenta) nachweisen und so auch den kindlichen Rhesusfaktor bestimmen (siehe Referenzen 1,2).
Dadurch kann bei rund 40% der Schwangerschaften mit Rhesus-negativen Kindern die Anwendung der pränatalen Rhesusprophylaxe vermieden werden.
 


Das diagnostische Verfahren basiert auf dem „SAFE“-Protokoll, einer internationalen Multi-Center-Studie (siehe Referenz 3). Es wurde durch eine Arbeitsgruppe der Universitätsklinik für Frauenheilkunde, der Universitätsklinik für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin und dem Österreichischen Roten Kreuz noch erweitert und durch zusätzliche Kontrollen abgesichert. Das AKH Wien testet seit Dezember 2008 alle Rhesus-negativen Schwangeren mittels RHD-NIPD (siehe Referenz 4).

 

Durchführung

 

Bei Rhesus-negativen Schwangeren werden zwei EDTA-Trenngelröhrchen abgenommen und durch vollständige Beschriftung oder  Patientenklebeetiketten identifiziert. Ebenso muss der Anforderungsschein vollständig ausgefüllt werden.

 

In Krankenanstalten können die Blutproben via Blutdepots im Rahmen der Routinezustellungen von Blutprodukten kostenlos mitgenommen werden.
Wenn die Proben innerhalb von 24 Stunden im ÖRK eintreffen, ist eine Zentrifugation der Röhrchen nicht notwendig. Anderenfalls müssen die Trenngelröhrchen innerhalb von 24 Stunden so zentrifugiert werden, dass sich zwischen Plasma und Zellen eine dichte Gelbarriere ausbildet. Dadurch sind die gekühlten Proben bis zu 72 Stunden nach Abnahme stabil.

 

Ergebnisse


Die Befunde werden innerhalb von zwei Wochen an den Anforderer beziehungsweise die zuweisende Krankenanstalt übermittelt. Bei rhesusnegativem fetalem Testergebnis ist eine kostenlose Zweitzusendung möglich.

 


Referenzen :

1 Lo YM, Corbetta N, Chamberlain PF, Rai V, Sargent IL, Redman CW, Wainscoat JS. Presence of fetal DNA in maternal plasma and serum.

Lancet. 1997 Aug 16;350(9076):485-7.

2 Lo YM, Hjelm NM, Fidler C, Sargent IL, Murphy MF, Chamberlain PF, Poon PM, Redman CW, Wainscoat JS. Prenatal diagnosis of fetal RhD status by molecular analysis of maternal plasma. N Engl J Med. 1998 Dec 10;339(24):1734-8.http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJM199812103392402

3 Chitty LS, van der Schoot CE, Hahn S, Avent ND. SAFE - the Special Non-invasive Advances in Fetal and Neonatal Evaluation Network: aims and achievements.Prenat Diagn. 2008 Feb;28(2):83-8.

4 Deutinger J, et al. Pränatale Bestimmung des fetalen Rhesusfaktors - klinische Konsequenzen an der Univ.-Klinik für Frauenheilkunde Wien. Speculum - Zeitschrift für Gynäkologie und Geburtshilfe 2009; 27 (1): 23-25 http://www.kup.at/kup/pdf/7688.pdf